André Stämmler
Mit der guten Stimmung, und vielleicht auch ein wenig Alkohol, wird an Karneval der ein oder andere ein wenig lockerer. Man tanzt ausgelassen, feiert, freut sich und Kussfreiheit herrscht ja sowieso. Da wird es kaum wundern, dass das ein oder andere Foto oder Video entsteht, an das man sich am nächsten Morgen vielleicht nicht mehr erinnern mag. Aber was kann man dagegen machen? Der folgende Beitrag soll einen kurzen Überblick über das Recht am eigenen Bild geben. Er richtet sich sowohl an die abgebildete Person, die gegen eine unberechtigte Bildveröffentlichung vorgehen möchte. Der Beitrag richtet sich aber auch an Fotografen, die sichergehen möchten, dass ihre Fotos gerade nicht in die Rechte anderer Personen eingreifen.
Recht am eigenen Bild
Bei der Veröffentlichung von Bildern, auf denen Personen abgebildet sind, ist der regelmäßige Dreh- und Angelpunkt, das Recht am eigenen Bild. Das Recht am eigenen Bild leitet sich aus dem Grundrecht des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab. Es schützt Personen vor unzulässigen Bildveröffentlichungen. Das Recht am eigenen Bild wird allerdings nicht grenzenlos gewährt, d.h. in bestimmten Konstellationen muss man Veröffentlichungen von Bildern, auf denen man selbst zu sehen ist, hinnehmen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn andere Grundrechte, wie zum Beispiel Presse- oder Meinungsfreiheit, dem Recht am eigenen Bild überwiegen. Eine Abwägung ist immer im Einzelfall zu treffen.
Bildveröffentlichung rechtmäßig?
Ob letztlich eine Bildveröffentlichung rechtmäßig oder unrechtmäßig erfolgt, kann anhand des sogenannten „abgestuftenSchutzkonzeptes“ näher beurteilt werden. Die Prüfung erfolgt in 3 Stufen:
1. liegt eine Einwilligung vor
2. es liegt keine Einwilligung vor, aber eine Ausnahme vom Vorbehalt der Einwilligungsvorbehalt
3. Überwiegt trotz der Ausnahme das berechtigte Interesse des ABgebildeten
Einwilligung
Am Anfang muss geprüft werden, ob eine Einwilligung zur Bildveröffentlichung vorliegt, also ob der Abgebildete mit der Veröffentlichung einverstanden ist. Die Form der Einwilligung ist dabei in der Regel egal. Sie muss nicht schriftlich erfolgen und kann auch mündlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten vorliegen. Springt man quasi in eine laufende Aufnahme hinein und wusste dies auch, kann dies schon eine Einwilligung durch schlüssiges Verhalten sein. Für den Fotografen wird hier aber der Nachweis oftmals schwierig. Eine einmal erteilte Einwilligung kann nicht ohne Weiteres widerrufen werden. Für einen berechtigten Widerruf müssen schon erhebliche Gründe vorliegen. Allein der Umstand, dass einem das Foto am nächsten Tag peinlich ist, wird kaum ausreichen. Etwas Anderes ist es, wenn man über die Veröffentlichung getäuscht wurde. Wird zum Beispiel behauptet, dass das Foto nur für den privaten Gebrauch sei, umfasst dies nicht die Einwilligung zur Veröffentlichung in Zeitschriften oder im Internet.
Besonderheit Alkohol
Die angelehnte Bildveröffentlichung ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die Geschäftsfähigkeit voraussetzt. Daran kann es vielen, wenn zu viel Alkohol im Spiel ist. Wer sich quasi im Vollrausch befindet, kann in der Regel keine wirksame Einwilligung zur Bildveröffentlichung vornehmen. Den Nachweis für diese Unzurechnungsfähigkeit trägt allerdings die abgebildete Person selbst.
Praxistipp
Fotografen sollten darauf achten, dass eine Einwilligung schriftlich erteilt wird. Das ist zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung, erleichtert im Streitfall allerdings den Nachweis.
Der abgebildeten Person sollte klar sein, dass eine Einwilligung auch durch schlüssiges Verhalten (zum Beispiel posieren vor einer Kamera) erteilt werden kann.
Ausnahme von Erfordernis der Einwilligung?
Wenn keine Einwilligung des Abgebildeten vorliegt, gibt es unter Umständen Ausnahmen, wonach eine Veröffentlichung trotzdem berechtigt sein kann.
Eine Veröffentlichung kann auch ohne Einwilligung berechtigt sein, wenn es sich um ein sogenanntes „Bildnis“ aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.
Der Begriff der Zeitgeschichte ist dabei weit zu verstehen und hängt maßgeblich vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit ab, also Allem, was die allgemeine Öffentlichkeit interessiert. Unter ein sogenanntes zeitgeschichtliches Ereignis fallen auch, neben Ereignissen von historischer und politischer Bedeutung, unter Umständen rein unterhaltende Ereignisse (man spricht von Infotainment). Das dürfte jedenfalls bei öffentlichen Karneval-Veranstaltungen der Fall sein. Für das Informationsinteresse kommt es nicht auf die Öffentlichkeit im gesamten Bundesgebiet an. Ausreichend ist auch ein regional begrenzter Bereich. Die öffentliche Karnevalsveranstaltung des örtlichen Faschingsvereins ist in der Regel ein solches zeitgeschichtliches Ereignis.
Eine Einwilligung kann auch entbehrlich sein, wenn die abgebildete Person lediglich als Beiwerk einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit zu erkennen ist. Entscheidend ist, dass die abgebildete Person nur eine untergeordnete Rolle spielt oder der Eyecatcher des Bildes ist. Im Gesamteindruck muss die Landschaft oder Örtlichkeit das Hauptmotiv sein. Diese Ausnahme greift meist bei Landschaftsfotografie und wird beim Karneval nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Wer an einer Versammlung, einem Aufzug oder einem ähnlichen Vorgang teilnimmt, muss unter Umständen mit Bildveröffentlichungen gegen seinen Willen leben.
Eine Versammlung etc. liegt danach vor, wennsich die abgebildeten Personen aus einem gemeinsamen Zweck zusammengefunden haben. Das ist zum Beispiel bei einem Karnevalsumzug der Fall. Wer also an einem solchen Umzug aktiv als Schausteller oder Zuschauer teilnimmt, muss sich ggf. Veröffentlichungen gefallen lassen. Die Ausnahme wird nicht angewendet, wenn man sich nur zufällig am selben Ort zusammenfindet; entscheidend ist der gemeinsame Zweck.
Exkurs: Das Märchen von 5 Personen
Immer wieder hört man, dass eine Bildveröffentlichung zulässig ist, wenn auf dem Bild nur mindestens 5 Personen zu sehen sind. Das ist falsch! Die Anzahl der Personen, alleine für sich, kann keine Veröffentlichung rechtfertigen.
Berechtigtes Interesse
Liegt keine Einwilligung zur Veröffentlichung des Bildes vor, aber eine Ausnahme, muss in einem letzten Schritt geprüft werden, ob der Veröffentlichung dennoch ein berechtigtes Interesse der abgebildeten Person entgegensteht. Hier werden das Interesse der abgebildeten Person und das Interesse an der Veröffentlichung miteinander abgewogen. Das ist im Einzelfall sehr schwierig. Maßgeblich für die Abwägung sind einerseits die Stärke des Eingriffs und andererseits das Informationsinteresse der Allgemeinheit. Das Interesse der abgebildeten Person wird eher überwiegen, je intimer die Abbildung oder je verletzender die Abbildung ist.
Wann ist das Recht am eigenen Bild betroffen?
Nicht jede Bildveröffentlichung, auf der eine Person zu sehen ist, ist auch gleich ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild. Entscheidend ist, dass es sich um ein sogenanntes Bildnis handelt. Von einem Bildnis spricht man, wenn auf dem Bild eine Person erkennbar ist. Dabei ist es egal, ob man das Gesicht ganz oder teilweise sieht. Oder ob die Person an anderen Merkmal zu erkennen ist. Das kann die Körperhaltung, Haare, Tattoos oder auch Kleidung (z. B. Faschingskostüm) sein.
Gerade beim Karneval werden viele Masken getragen. Fotografen sollten aber auch hier nicht leichtfertig darauf vertrauen, dass mit dem Tragen einer Maske, ein Eingriff ins Recht am eigenen Bild ausscheidet. Solange die Person an anderen Merkmalen zu erkennen ist, kann das Recht am eigenen Bild betroffen sein.
Was passiert bei einer unerlaubten Bildveröffentlichung?
Erfolgt eine Veröffentlichung unrechtmäßig, hat die abgebildete Person einen Unterlassungsanspruch. Im schlimmsten Fall drohen sogar Schadensersatzansprüche. Das ist aber in der Praxis eher die Ausnahme.
Fazit
Die Veröffentlichung von Bildern auf denen Personen zu erkennen sind, kann einen Eingriff in die Grundrechte der abgebildeten Person darstellen. Die abgebildete Person kann dabei in der Regel selbst eintscheiden, ob ein Bild veröffentlicht wird oder nicht. Auch gegen den Willen der abgebildeten Person kann ein Bild veröffentlicht werden, wenn bestimmte Ausnahmen vorliegen und das berechtigte Interesse der abgebildeten Person nicht schwerer wiegt. Die Entscheidung, ob eine Veröffentlichung rechtmäßig ist, ist nicht immer einfach.