Die berüchtigten Upload-Filter kommen jetzt wahrscheinlich doch! Am 24. Juni 2020 hat das Bundesjustizministerium (BMJV) den Diskussionsentwurf zur Umsetzung von des umstrittenen Artikel 17 der Urheberrechtsreform veröffentlicht. Artikel 17 hatte bereits in 2019 für Diskussionen und Proteste gesorgt. Kernpunkt der Debatte sind Uploadfilter die verhindern sollen, dass urheberrechtlich geschütztes Material gegen den Willen der Rechteinhaber auf Plattformen gelangen kann. Solche Filter sind zwar gesetzlich nicht direkt vorgesehen, können aber über indirekte Wege unumgänglich sein. Das neue „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG-E)“ wird wahrscheinlich nicht ohne diese Filter auskommen. Es gibt aber auch EInschränkungen für Nutzer und Plattformen.
Upload-Filter kommen indirekt
Plattformen auf denen Inhalte von Nutzern hochgeladen werden können, sind in Zukunft gegenüber den Rechteinhabern grundsätzlich direkt verantwortlich. Dabei spielt es keine Rolle wer die Inhalte hochgeladen hat. Das Providerprivileg, wonach eine Plattform erst bei Kenntnis haftet, entfällt damit. Der Provider kann seine Haftung nur verhindern, wenn bestimmte Maßnahmen ergreift.
In Step 1 müssen sich die Plattformen bemühen entsprechende Lizenzen für die hochgeladenen Inhalte zu erwerben. Der Diensteanbieter erfüllt diese Pflicht, sofern er Nutzungsrechte direkt oder über eine Verwertungsgesellschaft erwirbt. Außerdem sind Plattformen den Rechteinhabern zur Auskunft über die lizenzierten Seiteninhalte verpflichtet.
Wenn es keine Einigung bei den Lizenzen gibt und der Rechteinhaber die Sperrung der Löschung will, sind Plattformen in Step 2 quasi gezwungen Upload-Filter einzuführen. Andernfalls rutschen diese selbst in die Haftung.
Die Verpflichtungen treffen nicht jeden und gelten insbesondere nicht für
- nicht gewinnorientierte Online-Enzyklopädien,
- nicht gewinnorientierte bildungsbezogene und wissenschaftliche Repositorien,
- Entwicklungs- und Weitergabe-Plattformen für quelloffene Software,
- Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. Nr. L 321 vom 17.12.2018, S. 36),
- Online-Marktplätze,
- Cloud-Dienste, die zwischen Unternehmen erbracht werden, und
- Cloud-Dienste, die ihren Nutzern das Hochladen von Inhalten für den Eigengebrauch ermöglichen.
Weitere, wenn auch sehr enge Ausnahmen, gibt es für Start-Up-Dienstanbieter und kleine Dienstanbieter.
Overblocking und falsche Geltendmachung von Rechten
Durch Upload-Filter besteht die Gefahr des „Overblocking“. Damit ist gemeint, dass die Plattform aus Angst eine Urheberrechtsverletzung zu begehen, mehr blockt als notwendig. Dem will man dadurch entgegenwirken, dass unter anderem Verbraucherschutzverbände ein Klagerecht gegen die Plattformen haben. Wie sinnvoll das ist, muss sich in der Praxis noch bewähren.
Das Gesetz sieht auch Möglichkeiten vor gegen sogenannte „False Notifications“, also die fälschliche Anmeldung fremder Inhalte durch vermeintliche Rechteinhaber vorzugehen. Plattformanbieter können “vermeintliche Rechteinhaber” zeitweise von den Rechten nach §§ 10 (Sperrung) und 11 (Entfernung) ausschließen. Außerdem können Plattformbetreiber und Nutzer Schadensersatz geltend machen.
Ausnahmen
Das Gesetz sieht eine ganze Reihe von Ausnahmen vor. So dürfen z.B. Karikaturen, Parodien und Pastiche öffentlich wiedergegeben werden. Diese wurden auch explizit als Schranken ins Urheberrechtsgesetz aufgenommen. Bisher fehlten Regelungen hierzu. Zitate nach § 51 UrhG und sonstige erlaubten Nutzungen, dürfen ebenfalls öffentlich wiedergegeben werden. Die Inhalte dürfen dann nicht automatisch blockiert werden, außer wenn diese offenkundig rechtswidrig sind. Nach dem Gesetzesentwurf ist das der Fall, wenn der hochgeladene Inhalt zu mehr als 90% mit einem vom Rechtsinhaber gemeldeten Werk übereinstimmt. Abbildungen sind hierbei ausgenommen, Videos dürften problematisch werden.
Um die automatische Sperrung der Inhalte zu verhindern, können Nutzer den Inhalt als gesetzlich erlaubt markieren. Umgekehrt dürfen Plattformen Nutzer für einen angemessenen Zeitraum von der Möglichkeit zur Kennzeichnung erlaubter Nutzungen ausschließen, um ein fälschliches Kennzeichnen als erlaubte Nutzung zu verhindern („False Pre-flagging“).
Außerdem gibt eine sogenannte „Bagatellschranke“. Danach ist die öffentliche Wiedergabe zu nichtkommerziellen Zwecken in einem geringfügigen Umfang erlaubt. Das gilt für
- bis zu 20 Sekunden je eines Films oder Laufbildes,
- bis zu 20 Sekunden je einer Tonspur
- maximal 1.000 Zeichen je eines Textes und
- je eines Lichtbildes oder einer Grafik mit einem Datenvolumen von bis zu 250 Kilobyte.
Das gilt aber nur für nicht-kommerzielle Nutzungen.
Was wenn sich der Upload-Filter irrt?
Dass die Upload-Filter eine hundertprozentige Trefferquote haben, ist nicht zu erwarten. Hier können sich einerseits Nutzer beschweren, wenn sie meinen, dass ein Inhalt werde zu Unrecht geblockt wurde. Demgegenüber können sich auch Rechteinhaber beschweren, wenn sie meinen, dass ihr Inhalt zu Unrecht veröffentlicht wurde.
Was halten wir davon?
Upload-Filter werden kommen und das halten wir zunächst einmal für nicht gut. Wir sehen die Gefahr des Overclocking. Darüber hinaus ist das Gesetz in vielen Stellen zu schwammig oder schränkt die praktische Umsetzung stark ein. DIe praktische Auswirkungen muss man abwarten.