André Stämmler
Der „Verbraucher“ genießt im deutschen Recht einen ausgeprägten Schutz. So kann der Verbraucher z.B. Verträge, die über Internet oder Telefon geschlossen wurden fast immer mit einer Frist von 2 Wochen widerrufen oder ihm gegenüber kann die Mängelgewährleistung nicht begrenzt werden. Ebenfalls ein Widerrufsrecht steht dem Verbraucher bei Rechtsgeschäften zu, die er nach überraschendem Ansprechen im Bereich seiner Wohnung, seines Arbeitsplatzes oder im Bereich von öffentlich zugänglichen Flächen tätigt (sog. Haustürsituation). Etwas anderes gilt für Unternehmer und Unternehmen bzw.
Verbraucher ist nach § 13 BGB „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, dass weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. Einfach ausgedrückt: jede Person die ein Rechtsgeschäft im Rahmen ihrer privaten Tätigkeit abschließt. Unternehmer ist gem. § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Der selbstständige Kleinunternehmer fällt damit eindeutig nicht unter die verbraucherschützenden Normen. Dies hat zur harten Konsequenz, dass der Kleinunternehmer kein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen hat. Die Mängelgewährleistung beim Kauf kann gegenüber dem Kleinunternehmer vollständig ausgeschlossen werden. Wird der Unternehmer an seinem Arbeitsplatz überrascht und zu einem Vertragsschluss gedrängt, steht ihm, entgegen dem Verbraucher, kein Widerrufsrecht aus einer Haustürsituation zu.
Problematisch an dieser Situation ist, dass der Kleinunternehmer im Geschäftsleben oftmals nicht erfahrener ist als ein gewöhnlicher Verbraucher, gleichwohl aber nach der geltenden Gesetzeslage nicht derart schutzbedürftig. Eine Konsequenz, die für den Unternehmer fatale Folgen haben kann. Schließt der Unternehmer dann zB. im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit ein Rechtsgeschäft ab, greifen die entsprechenden Schutznormen nicht. Natürlich setzt sich der Kleinunternehmer freiwillig dem Geschäftsleben aus und grundsätzlich sollte man auch erwarten, dass auch ein Kleinunternehmer über gesteigerte juristische und geschäftliche Erfahrung verfügt. Gerade bei Neugründungen und Unternehmen die noch nicht lange am Markt sind ist dies aber leider oft nicht der Fall. Die Existenzgründer werden hierbei oft nur ungenügend auf die veränderte Situation vorbereitet. Wer nicht bereits über einschlägige juristische oder wirtschaftliche Vorkenntnisse verfügt, geht in die Selbstständigkeit mit dem Erfahrungsschatz eines Verbrauchers, lässt aber die Schutzwürdigkeit hinter sich. Lehrgeld wird dann am freien Markt gezahlt. Der Kleinunternehmer ist im Ergebnis oftmals ein Verbraucher ohne Verbraucherschutz.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Ein Kleinunternehmer wird in seiner eigenen Werkstatt von einem Vertreter eines Internetunternehmens unangekündigt aufgesucht. Im Rahmen des Gesprächs wird dem Unternehmer die Erstellung einer Webseite angeboten. Dies solle seinen Absatz und Umsatz erhöhen. Für die Erstellung der Webseite und Pflege soll der Unternehmer monatlich € 150,00 zahlen. Der Vertragsschluss kann nur am selben Tag erfolgen, da dies nach Aussagen des Vertreters ein besonders günstiges Angebot darstellt. Eine Frist um über das Angebot nachzudenken könne dem Unternehmer nicht gewährt werden. In Anbetracht des guten Marketing unterzeichnet der Unternehmer den Vertrag. Nach Abschluss des Vertrages bemerkt der Unternehmer, dass der Vertrag über eine Laufzeit von 4 Jahren geht und die monatliche Vergütung für 1 Jahr im Voraus zu zahlen ist. Der Unternehmer sieht sich nun einer Belastung von 7.600 € ausgesetzt, von denen je 1.800 € einmal jährlich zu entrichten sind. Ein Verbraucher hätte hier die Möglichkeit aufgrund der „Haustürsituation“ das Geschäft zu widerrufen. Dem Unternehmer steht diese Möglichkeit nicht zu. Da es sich bei der Erstellung solcher Webseiten regelmäßig um Werkverträge handelt, hat der Unternehmer zwar jederzeit die Möglichkeit zur freien Kündigung. Hierbei muss er jedoch die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und sonstigem Gewinn zahlen. Die gesetzliche Vermutung geht hierbei davon aus, dass nach Abzug der ersparten Aufwendungen dem Werkunternehmer 5% der vereinbarten Vergütung zustehen. Im vorliegenden Beispiel sind dies immerhin 380 €. Der Werkunternehmer kann aber hier durch die Vorlage einer entsprechenden Kalkulation einen höheren Anteil verlangen. Kritisch wird dies immer dann, wenn etwa die Leistung fast ausschließlich durch festangestellte Mitarbeiter erbracht wird und ansonsten kaum Ressourcen benötigt werden. Festangestellte Mitarbeiter müssen im Falle eines Auftragsverlusts nicht gekündigt werden, der Werkunternehmer kann dies bei der Vergütung berücksichtigen. Im schlimmsten Fall führt dies dazu, dass der Unternehmer fast den gesamten Betrag an den Werkunternehmer zahlen muss. Ein fataler Ausgang gerade für Kleinunternehmen, deren finanzielles Polster oftmals nicht übermäßig groß ist. Gerade die Webseitenerstellung oder andere „Marketingaktionen“ sind in der Praxis häufig auftretende Fälle, in denen der Kleinunternehmer durch ein vorschnelles Handeln an den Rand seiner Existenz schliddert. Dass derartige Fälle meist doch noch zu einem glimpflichen Ende gebracht werden, ist meist von einer Reihe verschiedener Faktoren und vom Engagement des eigenen Anwalts abhängig.
Es ist also jedem Kleinunternehmer zu raten, die Augen offen zu halten und vor Abschluss eines Rechtsgeschäfts gründlich über die möglichen Konsequenzen nachzudenken. Sofern es doch mal schiefgeht, sollte der Anwalt des Vertrauens konsultiert werden. Zwar wird der Kleinunternehmer nicht geschützt wie ein Verbraucher, ganz schutzlos ist er aber auch nicht (genau wie jeder andere Unternehmer oder Selbstständiger.