Das neue Jahr 2018 beginnt für mich mit einer erfreulichen Mitteilung der Rechtsanwaltskammer. Nachdem ich bereits im Dezember 2016 am Theoriekurs für den Fachanwalt Urheber- und Medienrecht erfolgreich teilgenommen hatte, wurde mir jetzt auch die Befugnis verliehen den Titel „Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht“ zu führen.
Um die Bezeichnung „Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht“ führen zu dürfen, müssen sowohl theoretische Kenntnisse als auch die praktische Erfahrung in diesem Bereich nachgewiesen werden. Die theoretischen Kenntnisse wurden bereits durch einen Kurs über insgesamt 120 Zeitstunden inklusive 3 Klausuren a fünf Stunden belegt. Die Vorstellung aus meiner Zeit als Student, dass das mit den Klausuren nach dem Staatsexamen mal ein Ende haben wird, hatte sich also nicht ganz bewahrheitet J.
Zum Nachweis der praktischen Erfahrung mussten insgesamt mindestens 80 Fälle aus verschiedenen Teilbereichen des Urheber- und Medienrechts nachgewiesen werden. Teilbereiche sind dabei etwa das Urheberrecht einschließlich des Rechts der Verwertungsgesellschaften oder das Recht der Wort- und Bildberichterstattung. Mindestens 20 der Fälle müssen gerichtliche Verfahren sein. Alle Fälle müssen dabei eigenverantwortlich bearbeitet sein. Der Hauptbearbeitungszeitraum darf nicht länger als drei Jahre vor der Antragsstellung liegen.
Ich dürfte damit in Thüringen übrigens einer von insgesamt nur vier Fachanwälten für Urheber und Medienrecht sein (Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer, Stand 01.01.2017).
Das Jahr darf gerne so weitergehen.
Warum einen Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, oder überhaupt einen Fachanwalt?
Viele werden sich fragen, ob man denn überhaupt einen Fachanwalt für sein Rechtsproblem braucht oder nicht.
Noch als junger Student erklärte mir einmal ein Anwalt, dass er auf einen Fachanwaltstitel gut und gerne verzichten könne. Er würde sich dadurch andere Mandate abschneiden, die eben nicht in diesen Bereich fallen. Der Anwalt wollte lieber generalistisch tätig sein. Das ist eine Einstellung die man sicherlich vertreten kann. Ich halte diese Einstellung allerdings für falsch und gefährlich.
Der Knackpunkt ist hier die Komplexität des Rechts und der Juristerei. Ich kann zunächst nicht beurteilen, wie komplex die Juristerei vor meiner Zeit als Anwalt oder auch Student war. Heute dürfte aber klar sein, dass man als Anwalt nicht in allen Rechtsmaterien gleichzeitig sicher auftreten kann. Es gibt heute eine Vielzahl von Gesetzen, Rechtsprechung und tatsächlichen Umständen und damit einhergehende Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes. Für den Anwalt ist es damit kaum möglich, Alles in jedem Rechtsgebiet im Blick zu behalten und ein Mandat angemessen zu bearbeiten. Eine Fokussierung oder Spezialisierung auf ein oder wenige Rechtsgebiete ist daher nicht nur sinnvoll, sondern meines Erachtens zwingend notwendig. Dabei gibt es durchaus Rechtgebiete die in vielen Materien starke Überschneidungen aufweisen. So spielen etwa das Urheberrecht, der gewerbliche Rechtschutz und das IT-Recht oftmals Hand in Hand und haben viele Überschneidungen. Die Erstellung eines Softwarevertrages als „Materie des IT-Rechts“ zum Beispiel, erfordert regelmäßig auch Kenntnisse im Urheberrecht. Gleiches gilt auch für das Strafrecht in Kombination mit dem Verkehrsrecht. Die Kenntnisse aus dem einem Bereich können dabei auch gut im anderen Bereich eingebracht werden. Demgegenüber ist etwa das öffentliche Baurecht vom Sozialrecht grundverschieden.[nbsp]
Wie in jedem Bereich gibt es auch im Recht einfachere oder eben komplizierte Fälle. Ob ein Fall dabei als einfach oder kompliziert einzuordnen ist, kann der juristische Laie meist kaum beurteilen. Hinter dem glasklaren Fall verstecken sich allzu leicht komplexe juristische Probleme. Die Gefahr, dass diese Probleme übersehen werden, besteht immer. Bei einem Anwalt, der im einschlägigen Rechtsgebiet keine Erfahrung hat, dürfte diese aber ungleich größer sein, als bei einem Anwalt der in dem jeweiligen Rechtsgebiet zu Hause ist. Dabei muss es nicht immer der Fachanwalt sein. Es gibt viele Kollegen die ihre Tätigkeit auf ein oder wenige Rechtsgebiete fokussiert haben und dort hervorragende Ergebnisse erzielen, auch ohne Fachanwaltstitel und vielleicht sogar besser als mancher Fachanwalt. Ich kenne etwa Presserechtler (ein Teilgebiet des Medienrechts), die ausgewiesene und anerkannte Spezialisten im Presserecht sind, auch ohne Fachanwaltstitel. Der Fachanwaltstitel macht es dem Rechtsuchenden aber zumindest einfacher einen erfahrenen Anwalt zu finden.
Selbstverständlich kann sich dabei ein Anwalt auch in ein ansonsten unbekanntes Gebiet einlesen. Das wird ihm sicherlich leichter fallen, als einem juristischen Laien. Aber wenn der Anwalt bereits nicht weiß, worauf er achten muss, besteht die Gefahr, dass er schon nicht erkennt, dass hier überhaupt ein Problem besteht. Das ginge selbstverständlich auch mir so, wenn ich etwa ein Mandat im Handels- und Gesellschaftsrecht bearbeiten müsste. Ich wüsste schlicht und ergreifend nicht, worauf ich achten muss. In der juristischen Ausbildung bekommt man zwar ein breites juristisches Wissen an die Hand, so auch für das Handels- und Gesellschaftsrecht. Für die Erstellung eines wasserdichten GmbH-Vertrages reicht das aber in der Regel bei weitem nicht aus. Die Gefahr, dass hier etwas übersehen wird oder eine Klausel im Vertrag eben nicht wasserdicht ist, ist groß. Gesteigert wird diese Gefahr dann noch bei Materien, die nicht zum Pflichtstoff der juristischen Ausbildung zählen. Das Urheberrecht ist – oder war jedenfalls zu meiner Studienzeit – eine solche Materie.
Es wäre jetzt vermessen zu behaupten, dass ein Fachanwalt in seinem Gebiet über jeden Zweifel erhaben ist. Auch die Mandatierung eines Fachanwalts oder Spezialisten ist keine Garantie, dass jeder Fehler ausgeschlossen ist. Aber der Fachanwalt hat seine theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen für das jeweilige Rechtsgebiet belegt. Die Gefahr, dass etwas schiefläuft, sollte dadurch zumindest minimiert werden.
Mit Sicherheit gibt es Fälle die auch ohne Fachanwalt oder Spezialisten sehr gut gelöst werden können. Ob der eigene Fall aber dazu gehört, wird man im Vorfeld als Laie kaum einschätzen können. Wer unschlüssig ist, ob er für seinen Fall einen Fachanwalt oder Spezialisten braucht, oder doch zum Generalisten geht, sollte folgende Überlegung anstellen: Wenn ich krank wäre, würde ich mein Herzproblem beim Orthopäden behandeln lassen?
Es muss nicht immer ein Fachanwalt für das jeweilige Rechtsgebiet sein. Aber der Anwalt der Wahl sollte sich im jeweiligen Rechtsgebiet auskennen. Ein Fachanwaltstitel ist dafür jedenfalls ein ganz gutes Indiz.