André Stämmler
Mit Urteil vom 08.01.2013 entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dass der Anschlussinhaber eines Internetanschlusses nicht für das Verhalten eines volljährigen Familienmitgliedes haftet, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung bestehen.
Geklagt hatten 4 Tonträgerhersteller, die zunächst den Anschlussinhaber abmahnten. Dieser lebte gemeinsam mit seiner Frau und deren Sohn im Haus. Nachdem zunächst eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, zahlte der Anschlussinhaber und spätere Beklagte die geforderte Summe von insgesamt 3.454,60 € nicht.
Daraufhin nahmen die Klägerinnen den Beklagten gerichtlich in Anspruch. Der Beklagte konterte und gab an, dass sein damals zwanzigjähriger Stiefsohn die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht habe. Dies wurde seitens des Stiefsohns auch eingeräumt.
Während zunächst das Landgericht der Klage stattgab, verurteilte das Berufungsgericht zu einer Zahlung von lediglich 2.841 €. Das Berufungsgericht ging hierbei von einer Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für die Urheberrechtsverletzung aus, da er seinen Stiefsohn den Anschluss zur Verfügung stellte und jedoch eine Gefahr geschaffen hatte, dass dieser Urheberrechtsverletzungen mittels Tauschbörsen gehe.
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und wies die Klage insgesamt ab. Drauf Bundesgerichtshof erfolgt die Überlassung des Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige in der Regel aufgrund der familiären Verbundenheit. Darüber hinaus sind volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich. Beide Aspekte sind bei der Frage der Haftung besonders zu berücksichtigen. Insbesondere aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und der Eigenverantwortlichkeit von Volljährigen, muss es dem Anschlussinhaber gestattet sein ohne vorherige Belehrung und ständiger Überwachung den Internetanschluss einem Familienmitglied zu überlassen, sofern keine Anhaltspunkte für eine Urheberrechtsverletzung vorliegen. Ein Eingreifen des Anschlussinhabers ist aber notwendig sobald Urheberrechtsverletzung anhand konkreter Umstände – z. B. urheberrechtliche Abmahnungen – zu befürchten sind.
Der Bundesgerichtshof setztdamit eine Tendenz in der Rechtsprechung fort, nach der abgemahnte eine ernsthafte Möglichkeit haben sich gegen die massenhaften urheberrechtlichen Abmahnungen zur Wehr zu setzen.
Erfreulich ist, dass ein Ausschluss der Haftung des Anschlussinhabers für volljährige Familienmitglieder auch ohne vorherige Belehrung bzw. Überwachung möglich ist. Andere Voraussetzungen setzt der Bundesgerichtshof jedoch noch bei der Haftung für das Verhalten minderjähriger Kinder. Hier ist wenigstens eine vorherige Belehrung erforderlich – Morpeheus Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.01.13 – AZ: I ZR 169/12 – Bearshare
Quelle: Pressemitteilung des BGH