Es gibt noch nette Richter – auch im Bußgeldverfahren

Als Verteidiger in verkehrsrechtlichen OWi-Verfahren hat man es nicht immer leicht. Blitzer, Abstand und Rotlichtverstöße sind nun mal keine Strafsachen. Da geht es nicht um Knast oder horrende Geldstrafen, sondern “nur” um meist unangenehme aber oft verschmerzbare Bußgelder, Punkte, ein Fahrverbot oder im schlimmsten Fall um den Entzug der Fahrerlaubnis. Das ist alles nicht so wichtig. Aus diesem Grund reagieren Richter oftmals etwas gereizt, wenn man den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht schon vor Beginn der Beweisaufnahme zurücknimmt. In Bayern kam es dann auch schon mal vor, dass der Richter aufstand und mich mit hochrotem Kopf gefühlte 10 Minuten lang anbrüllte, als ich nur zu erkennen gab, dass ich Zweifel an der Messung hatte.

Auch Punkte in Flensburg schmerzen sehr

Das gerade für Berufskraftfahrer und insbesondere LKW-Fahrer mit dem Punkt, dem Fahrverbot oder gar der Entziehung der Fahrerlaubnis mehr auf dem Spiel steht als für die meisten PWK-Fahrer wird oft übersehen, auch von den Richtern. Um so mehr freut man sich dann als Verteidiger, wenn denn ein Richter auch mal aufgeschlossen in ein Verfahren geht. So geschehen heute am Amtsgericht Arnstadt.

In der Sache ging es um einen Abstandsverstoß eines LKW-Fahrers. Ihm wurde vorgeworfen, dass er den Mindestabstand von 50 m bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h nicht eingehalten hatte. Abstand ist wichtig ohne Frage. Aber ob das Einhalten des Mindestabstands immer so leicht ist?

Unterschreitung des Abstand ist nicht gleich Unterschreitung des Abstands

Der Mandant konnte sich an den Vorgang nicht mehr erinnern. Wie auch bei 100.000 km jährlicher Fahrleistung.  Auf dem Video war allerdings zu sehen, dass über einen Großteil der  Beobachtungstrecke (500 m) ein PKW sehr sehr dicht hinter dem LKW meines Mandanten her fuhr, wirklich sehr dicht. Ein Bremsen um den Abstand zum Vordermann zu vergrößern war also schwer möglich. Zwar scherte der PKW dann auch irgendwann aus. Ob dann allerdings ein abruptes Abbremsen sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Jetzt kann man vielleicht auch ein Gutachten einholen, ob sich der Abstand nach dem Ausscheren des PKW vergrößerte oder ob ein Abbremsen ggf. die Verkehrsicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet hätte. Man kann aber auch die Kirche im Dorf lassen. Das sah auch der Richter ohne viel Aufsehens so und verurteilte zu einem Bußgeld von 35 €. Damit gab es keine Punkte und der Mandant ist glücklich.

Was hat das jetzt mit dem netten Richter im Bußgeld-Verfahren zu tun?

Die 35 Euro bekommt man öfters hin, auch Freisprüche oder Einstellungen, ja. Einen Richter – gerade in Bußgeldverfahren – der aber wirklich aufgeschlossen für Argumente ist, hat man aber – nach meiner Erfahrung – eher selten und dass ist meines Erachtens mal einen Beitrag wert und darüber hinaus auch ein wirklich gelungener Start in die Woche.

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