André Stämmler
Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen Oma am Wochenende mit dem dicken Versandhauskatalog im Wohnzimmer saß und dort die nächsten Geburtstagsgeschenke oder das neue Sofa aussuchte. Danach wurde zum Telefon gegriffen und man hat das Objekt seiner Begierde bei der netten Dame am anderen Ende der Leitung bestellt. Ganz klassisch, per Telefon. Die Zeiten sind vorbei. Heute wird online bestellt, übers Internet. Nichts desto trotz bietet es sich auch heute noch an, ab und an mal per Telefon zu bestellen. Sei es weil der Besteller zu einer Generation gehört die sich nicht mit Online-Shops befassen will oder weil das Unternehmen selbst – aus welchen Gründen auch immer – keinen Online-Shop anbieten will.Wer jetzt denkt, dann soll es halt so sein, unterschätzt den deutschen/europäischen „Verbraucherschutz“.
Verbraucherschutz ist wichtig, aber…
Klar! Verbraucherschutz ist enorm wichtig. In Zeiten, in denen ganze Geschäftsmodelle darauf basieren, dass arglose Nutzer in Abofallen tappen, müssen Regelungen her, die dem Einhalt gebieten. Das steht mal außer Frage. Gehen diese Regelungen aber soweit, dass bestimmte Situationen fast kaum noch rechtssicher abgewickelt werden können, ist einfach etwas schief gelaufen. Und genau das ist hier der Fall. Gerade im Fernabsatz sind die Regeln so eng, dass bestimmte Abwicklungsmethoden kaum rechtssicher oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ausgestaltet werden können.
Telefonische Bestellung kaum rechtssicher möglich
Ein Beispiel soll das mal verdeutlichen.Man stelle sich einen Online-Shop vor, der auf seiner Seite auch die Möglichkeit anbietet telefonisch eine Bestellung aufzugeben. Also Verbraucher A ruft an und sagt er würde gerne das und das bestellen. Der freundliche Mitarbeiter nimmt die Adresse auf, lässt alles zusammenpacken und verschickt das Paket. Soweit so gut.Soll die Bestellung durch den Verbraucher gleich zu einem verbindlichen Vertrag führen, gibt es aber ein paar Regeln zu beachten. Nach § 312a BGB ist der Unternehmer verpflichtet dem Verbraucher unter Maßgabe des Art. 246a EGBGB bestimmte Informationen vor dessen rechtverbindlicher Erklärung zu übermitteln. Also bevor der Kunde sagt „Ich möchte das und das bestellen“. Das sind Infos wie Zahlungsmethoden, Lieferzeit oder die wesentlichen Eigenschaften der Ware. Darüber hinaus will der Unternehmer regelmäßig auch seine AGB mit einbeziehen. Auch die müssen vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden.Und wie macht man das am Telefon? Genau, man verweist auf die Homepage wo ja alles geregelt ist. Schön wärs. Das reicht nämlich nicht aus, da hier die Voraussetzung „unmittelbar vor Vertragsschluss“ kaum erfüllt sein dürfte und man im Streitfall auch den Nachweis nicht erbringen kann. Und nun?Theoretisch müsste man dem Kunden alles mündlich vorlesen. Das ginge und wäre rechtlich sicher. Jetzt muss man aber kein Verkaufsgenie sein um zu erkennen, dass sich die Vertragsschlüsse eher im überschaubaren Rahmen halten dürften.
Alternative!?
Alternativ könnte manden Ablauf so ausgestalten, dass beim Telefonat noch keine verbindlichen Erklärungen vorgenommen werden. Man nimmt dabei einfach die E-Mail-Adresse des Kunden auf. Nach dem Telefonat schickt man eine kurze E-Mail, die auch die relevanten Texte enthält und der Kunde kann z.B. über einen Link die Bestellung verbindlich machen.Das ist ein klein wenig praktikabler als die „Vorleserlösung“ aber auch noch umständlich. Hinzukommen 2 Nachteile. Wer über E-Mail und Internetzugang verfügt wird vielleicht kaum anrufen und wenn doch vielleicht aus dem Grund, dass man „Onlineshops“ scheut. Damit dürften einige Kunden wegbrechen.Ein weiteres Problem ist die E-Mail-Adresse. An die muss der Händler erst einmal rankommen. Handelt es sich um einen Bestandskunden von dem der Händler die E-Mail-Adresse bereits nutzt, ist das in aller Regel kein Problem. Anders sieht es bei Neukunden aus. Hat der Händler die E-Mail-Adresse noch nicht im Bestand, kann er diese selbstverständlich abfragen. Aber Moment. War da nicht was mit Werbemails und Double-Opt-In? Doch genau. Da war was. Rechtsicher ginge das Prozedere nur, wenn der Händler die E-Mail-Adresse aufnimmt (Opt-In) und eine Bestätigungsmail an den Kunden schickt, mit z.B. einen Bestätigungslink. Der Kunde müsste dann über den Link bestätigen, dass er Inhaber der Adresse ist und diese freigegeben wurde. Auch das ginge wahrscheinlich noch irgendwie. Aber! Ja, schon wieder. Der Händler wäre im Zweifel verpflichtet nachzuweisen, dass der Kunde die E-Mail-Adresse freiwillig übergeben hat. Das dürfte bei einer Übermittlung am Telefon kaum möglich seinDie Probleme liegen hier nicht einmal darin, dass keine Verträge geschlossen werden könnten. Vielmehr stellen Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften regelmäßig einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß dar und können von aufmerksamen Konkurrenten oder Verbraucherschutzvereinen mit teuren Abmahnungen verfolgt werden.
Fazit
Verbraucherschutz ist wichtig. Man kann sich aber auch tot regeln. Eine rechtsichere telefonische Bestellung eines Verbrauchers bei einem Unternehmer ist schwer möglich. Im Ergebnis ist ein solches Prozedere – jedenfalls unter Achtung aller rechtlichen Fallstricke – mehr als nur „conversionfeindlich“. Shopbetreibern, Dienstleistern und jedem Unternehmen, dass Geschäfte mit Verbrauchern im Fernabsatz macht, muss somit raten: Keine Verträge per Telefon! Klingt blöd, ist aber so.