André Stämmler
Wenn ich etwas in sozialen Netzwerken veröffentliche und damit gegen die Rechte anderer Personen verstoße, hafte ich in aller Regel dafür. Das ist ziemlich unproblematisch. Wie aber sieht es aus, bei fremden Beiträgen? Also kann ich zum Beispiel für einen Beitrag haftbar gemacht werden, den jemand anderes veröffentlicht hat? Zunächst sollte man meinen, nein. Warum auch, ist schließlich der Beitrag eines anderen, nicht mein eigener. Trotzdem sind Situationen denkbar, in denen ich selbst hafte.
Fremder Beitrag auf meinem Profil
In der ersten Situation wird der Beitrag durch eine andere Person veröffentlicht, allerdings über meinen Account. Für Außenstehende sieht es so aus, als ob ich selbst den Beitrag veröffentlicht hätte. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn mein Account gehackt wurde oder ich bewusst meinen Account jemand anderes überlassen habe. In diesem Fall hafte ich selbst für das Posting so, als hätte ich es selbst veröffentlicht. Jeder ist für seinen Account selbst verantwortlich und muss dafür sorgen, dass Dritte nicht unbefugt zugreifen können. Überlasse ich anderen Personen meinen Account, muss ich sicherstellen, dass die andere Person keine Rechtsverletzungen begeht. Wird mein Account gehackt, muss sich zumindest belegen können, dass entsprechende Sicherungsmaßnahmen bestanden; das ich zum Beispiel ein sicheres Passwort nutze.
Zur Haftung für fremde Beiträge im eigenen Profil entschied bereits das OLG Frankfurt (Urteil vom 21.07.2016, Az.: 16 U 233/15). Über den Facebook Account eines Unternehmers wurde eine Person massiv beleidigt. Der Inhaber des Accounts behauptete, dass nicht er sondern ein Dritter das Posting veröffentlicht hat. Auf Nachfragen des Gerichts räumte der Inhaber des Accounts ein, dass er gelegentlich auch Freunden den Facebook Account überlässt. Das Gericht macht hier ziemlich deutlich klar, dass man selbst dafür sorgen muss, den eigenen Account vor anderen zu schützen.
Anders dürfte es aussehen, wenn der Account wirklich gehackt wurde und man die Verwendung eines sicheren Passworts beweisen kann. In diesem Fall haftet man nicht ohne Weiteres für einen fremden Beitrag.
Erkennbar fremder Inhalt über eigenes Profil
Eine andere Konstellation liegt vor, wenn ebenfalls über meinen Account durch eine andere Person gepostet wird, das aber erkennbar ist. Ausstehende erkennen also, dass es sich bei dem Inhalt um den einer anderen Person handelt. Hierunter fallen zum Beispiel Userkommentare auf der eigenen Facebookseite. Die Kommentare sind fremder Inhalt, werden aber über meiner Seite veröffentlicht.
Auch in diesem Fall kann ich für den fremden Inhalt haften. Nämlich dann, wenn ich mir den Beitrag zu eigen mache. Ein sogenanntes zu eigen machen liegt – einfach ausgedrückt – vor, wenn man sich mit den Inhalten identifiziert und hierfür eine gewisse Verantwortung übernimmt. Erforderlich ist, dass die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Darunter können auch undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter fallen. Wann man sich einen fremden Inhalt zu eigen macht, kommt auf den Einzelfall an.
Für die vorliegende Konstellation hatte der Bundesgerichtshof bereits 2009 eine Entscheidung getroffen. Ein zu eigen machen liegt nach Auffassung des Gerichtshofs vor, wenn die eingestellten Inhalte auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden und ich sie anschließend freischalte. Im Urteil heißt es hierzu:
Der Betreiber eines Internetportals, in das Dritte für die Öffentlichkeit bestimmte Inhalte (hier: Rezepte) stellen können, haftet für diese Inhalte nach den allge-meinen Vorschriften, wenn er die eingestellten Inhalte vor ihrer Freischaltung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und sie sich damit zu eigen macht. Dies gilt auch dann, wenn für die Nutzer des Internetportals erkennbar ist, dass die Inhalte (ursprünglich) nicht vom Betreiber, sondern von Dritten stammen. Ein Hinweis darauf, dass sich der Portalbetreiber die Inhalte zu eigen macht, liegt auch darin, dass er sich umfassende Nutzungsrechte an den fremden In-halten einräumen lässt und Dritten anbietet, diese Inhalte kommerziell zu nutzen.
Fremder Inhalt, fremdes Profil
In der letzten Konstellation wird der Beitrag durch eine anderen Person über einen anderen Account veröffentlicht. Auch hier kann ich eventuell für den Inhalt haften.
In einem aktuellen Urteil konkretisiert das OLG Dresden die Anforderungen für so eine Konstellation genauer. Danach hafte ich in aller Regel noch nicht, wenn ich einen fremden Inhalt lediglich teile. Wenn ich den fremden Inhalt allerdings zusätzlich „like“ oder sonst mit einer positiven Bewertung verbinde, hafte ich dafür wie für eigene Inhalte. Das Gericht führt dazu aus:
„Wird ein Beitrag in einem sozialen Netzwerk “geteilt”, macht sich der Nutzer dessen Inhalte erst dann zu eigen, wenn er die Weiterverbreitung mit einer positiven Bewertung verbindet.“
Das Teilen in Verbindung mit einer positiven Bewertung kann also ausreichen, damit ich dafür wie für einen eigenen Beitrag hafte.
unproblematisch | problematisch |
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Retweeten | +1 bei Google+ |
positive Kommentare |
Ansprüche
Sofern ich für den fremden Inhalt hafte, besteht meist ein Unterlassungsanspruch. Der Gläubiger des Anspruchs kann damit die Unterlassung der rechtswidrigen Handlung verlangen. In diesem Fall bin ich verpflichtet, diese Handlung zukünftig nicht mehr auszuführen. Handelt es sich um eine Veröffentlichung im Internet, muss die Veröffentlichung abgestellt/beendet werden. Neben einem Unterlassungsanspruch besteht eventuell auch ein Schadensersatzanspruch. Hier muss der Verletzte jedoch einen konkreten Schaden nachweisen. In seltenen Fällen (meist bei Persönlichkeitsbeeinträchtigungen) können Schmerzensgeldansprüche bestehen. Hierfür muss aber eine sehr intensive Beeinträchtigung vorliegen.
Fazit
Sowohl bei der Überlassung des eigenen Accounts als auch beim Liken fremder Inhalte ist Vorsicht geboten. Verstoßen die Inhalte gegen die Rechte Dritter, kann ich unter Umständen dafür haftbar gemacht werden.