André Stämmler
© fotomek – Fotolia.comAbmahnungen wegen des Verbreitens von urheberrechtlich geschützten Materials über sogenannte Filesharingnetzwerke sind nichts Neues. Bereits seit Jahren erreichen tausende solcher Abmahnungen jährlich Betroffene, zum Teil berechtigt, oftmals aber auch unberechtigt.
Bislang unproblematisch war allerdings das Streaming. Hierbei wird im Gegensatz zum Filesharing das urheberrechtlich geschützte Material nicht dauerhaft auf den Rechner heruntergeladen, sondern lediglich “online“ konsumiert. Nach verschiedenen Pressemeldungen mahnt die Kanzlei Urmann und Collegen aus Regensburg seit einigen Tagen verschiedene Werke aus dem Bereich der „Erwachsenen-Unterhaltung“ ab, die über die Plattform redtube.com gestreamt wurden. Es sind die ersten bekannten Fälle in denen User von gestreamten Inhalten abgemahnt werden.
Streaming galt bislang “abmahnsicher”, da man davon ausging, dass die – zur Identifizierung notwendige – IP-Adresse des Users nicht ermittelt werden konnte. Im Gegensatz zum Filesharing, bei dem die IP-Adresse ohne weiteres erkennbar ist, war beim Streaming davon auszugehen, dass die IP- Adresse lediglich für den Plattformbetreiber sichtbar ist. Es stellt sich damit die Frage, wie nun die Rechtsanwälte an diese IP-Adresse gelangen konnten. Eine Möglichkeit wäre, dass die Anwälte eine direkt an den Plattformbetreiber von redtube.com herangetreten sind. Dies dürfte in Anbetracht der Tatsache, dass der Plattformbetreiber seinen Sitz in den USA hat, eher unwahrscheinlich sein. Interessante Ansätze hat demgegenüber der Kollege Alexander Schupp. Wie die U+C letztlich an die IP-Adressen gelangt ist, wird sich noch zeigen müssen.
Sollte es tatsächlich möglich sein, die IP-Adressen von Usern von Streaming-Portalen zu ermitteln, könnte dies Tür und Tor für neue Abmahnwellen öffnen. So müssen sicherlich auch künftig die User von z.B. kinox.to oder movie4k.to mit Abmahnungen rechnen.
Ungeachtet dessen wird man sich aber streiten können, ob beim Streaming der User überhaupt eine verfolgbare Urheberrechtsverletzung begangen hat.Gegen eine Urheberrechtsverletzung spricht der Umstand, dass das bloße Anschauen eines Films oder das Hören eines Musikstücks keine Urheberrechtsverletzung darstellt, auch wenn der Nutzer weiß, dass er eine „Raubkopie“ nutzt. Hier wird man dagegenhalten können, dass beim Streaming das Werk wenigstens temporär auf dem Rechner in der Cache gespeichert wird. Dies Wiederum könnte man als Vervielfältigung auslegen, die Wiederum einen Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz darstellen könnte.Aber selbst wenn man das Streaming als Vervielfältigung auslegt, könnte noch die Ausnahmevorschrift des § 44 a UrhG eingreifen. Nach der Vorschrift sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Ob die Rechtsprechung dem folgen wird, wird man abwarten müssen.Darüber hinaus könnte hier die Ausnahmevorschrift des § 53 UrhG greifen. Danach sind Kopien zum privaten Gebrauch zulässig, wenn diese nicht auf einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage basieren. Dies könnte wenigstens bei Plattformen der Erwachsenenunterhaltung greifen, da hier der User nicht zwangsläufig sicher gehen kann, dass das Werk ohne die notwendige Genehmigung gestreamt wird. Wird dagegen ein aktueller Kinofilm – der z.B. auf kinox.to gestreamt wurde – abgemahnt, wird sich der Betroffene kaum auf diese Vorschrift berufen können.
Es bleibt abzuwarten, ob neue Abmahnwellen kommen und wie die Rechtsprechung damit umgehen wird. Wer abgemahnt wird, hat hier in jedem Fall bessere Verteidigungschancen als bei einer Abmahnung wegen Filesharing. Ob die Abmahnung letztlich gerechtfertigt ist, bleibt abzuwarten und muss im Einzelfall überprüft werden.